Craniosacrale Osteopathie
Die Craniosacrale Osteopathie (CSO) oder Craniosacrale Therapie ist eine sanfte Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die der Therapeut (Heilpraktiker, Physiotherapeut, Arzt) mit seinen Händen am sitzenden oder liegenden Klienten ausführt. Diese ganzheitliche Therapieform entstand in den 1930er Jahren, als der amerikanische Arzt Dr. W. G. Sutherland die schon bestehende Osteopathie weiter entwickelte. Sutherland fand heraus, dass das Cranium (= der menschliche Schädel) beweglich ist und konnte bei seinen Patienten sogar Eigenbewegungen der Knochen mit den Händen fühlen. Schädel und Kreuzbein (= Sacrum) sind durch die Hirn- und Rückenmarkshäute verbunden; dadurch bildet sich die craniosacrale Einheit. Diese bewegt sich ständig durch das rhythmische Pulsieren der Hirn-Rückenmarksflüssigkeit. Und dieses Pulsieren überträgt sich auf den übrigen Körper, ähnlich wie sich Wellen ausbreiten, nachdem man einen Stein ins Wasser geworfen hat. Wenn Menschen krank werden und/oder der menschliche Körper nur eingeschränkt funktioniert, kann der geübte Therapeut an seinen Klienten Gewebs-Blockaden ertasten.
Diese sind häufig schon zu spüren, bevor wir uns wirklich krank fühlen. Beispielsweise kann sich die Gewebe-Beweglichkeit im Bauch verringern, wenn wir Nahrungsmittel konsumiert haben, die wir nicht vertragen oder wenn wir durch großen Stress nicht mehr genügend in den Bauch atmen. Die Anspannung des Bauches bringt, bei dauerhafter Einwirkung der Schädigung, die Region Darm/unterer Rücken aus dem Gleichgewicht; mittelfristig können dadurch Rückenschmerzen entstehen. Dementsprechend wird der gesamte Körper in die Untersuchung und Behandlung einbezogen. Häufige Beschwerden, wegen derer ein Craniosacral-Therapeut aufgesucht wird, sind Kopfschmerz/Migräne, Nacken-, Schulter- und Rückenschmerzen, Skoliose und andere Wirbelsäulen-Erkrankungen, Wirbelblockierungen, Kiefergelenkstörungen und Zähneknirschen, Atemwegserkrankungen und eingeschränkte Atmung, Schlafstörungen und fehlende Entspannungsfähigkeit, Lern- und Konzentrations-Störungen, Folgen von Operationen und Unfällen, Schmerz und Bewegungseinschränkung durch Gelenkverschleiß, Lähmungen, z.B. nach Schlaganfall, Herz – Kreislaufbeschwerden, Störungen der Verdauungsorgane, Schwangerschafts- und Menstruationsbeschwerden. Der Therapeut sucht durch ausführliche Befragung und Untersuchung mit dem Klienten nach Ursachen für dessen Beschwerden. Manchmal zeigen sich dabei auch emotionale oder psychische Einflüsse. Diese können, je nach Ausrichtung des Therapeuten, in den Behandlungssitzungen, parallel zur körperlichen Behandlung, mit bearbeitet werden. Ganz wesentlich bei der Behandlung ist der respektvolle Umgang des Therapeuten mit dem Klienten: Der Therapeut achtet den persönlichen Raum des Klienten und nähert sich ihm einfühlsam und vorsichtig. Es wird grundsätzlich nicht gegen die Widerstände des Klienten gearbeitet, sondern mit ihnen. Der Therapeut lässt dem Klienten bzw. seinem Körpergewebe die Zeit, die es braucht, um von selbst loslassen zu können. Besteht z.B. eine schmerzhafte Muskelverspannung wegen einer Wirbelblockade, manipuliert der Therapeut nicht in diesen Schmerz hinein, sondern löst zunächst die umgebende Verspannung, damit sich der Wirbel durch einen sanften Impuls neu einrichten kann. Obwohl die CSO eine sanfte manuelle Behandlung ist, die von fast allen Klienten als sehr angenehm empfunden wird, hat sie doch erstaunlich starke Wirkung: schon während der Behandlung stellt sich oft eine tiefe Entspannung ein; durch die bequeme Lagerung und die entlastenden therapeutischen Griffe können Muskeln ihre Verspannung loslassen und der Körper kann sich in einer neuen entspannteren Haltung einrichten. Manchmal verstärkt sich für einen Moment ein vorhandener Schmerz oder ein „Loslass-Schmerz“ tritt auf, etwa wie ein Muskelkater nach einer starken Belastung. Solche Schmerzen sind einfach Teil des Heilungsprozesses und gehen erfahrungsgemäß schnell vorüber. Während einer Behandlungsserie verändert sich das Gespür für den eigenen Körper. Klienten berichten, dass sie „schädigende“ Bewegungen, Einflüsse von außen oder Stress schneller wahrnehmen als vorher, dass ihr Körper – auch durch die in den Behandlungseinheiten erlernten Atem- und Dehnungsübungen – beweglicher und freier wird und dass sie besser in die Lage kommen, für ihr eigenes Wohlbefinden zu sorgen.
Artikel von Markus Decker, Aachen